Der Klapperstorch, der für den Hof an der Flaesheimer Straße zuständig ist, hat daher reichlich zu tun. „Wir haben einen eigenen Klapperstorch“, verrät Matthias Schulte-Althoff und lacht über das ganze Gesicht.
Milchbauer sei sein Traumjob, schon immer. Matthias Schulte-Althoff verbindet viele Berufe in einem - so auch Hebamme, oder besser Geburtshelfer. „Mit neun Jahren war ich bei der ersten Geburt dabei. Ich war ,stolz wie Oskar' als das Kälbchen geboren wurde. Es ist schön zu erleben, wie neues Leben auf die Welt kommt.“
Zu den aktuellsten Neuzugängen auf dem Hof gehören auch Lina und Lena, dabei handelt es sich um Kuhkinder der Rasse Jersey-Rinder. Mit ihrem hellbraunen Fell und den großen dunklen Kulleraugen erinnern sie ein wenig Rehkitze. Lina und Lena sind Zwillinge - das kommt auch bei Kühen vor.
Nach neun Monaten wird das Kälbchen geboren
Woher weiß der Milchbauer, dass es bald bei einer schwangeren Kuh so weit ist? „Kühe sind neun Monate trächtig, kurz vor der Geburt fressen sie weniger und das sogenannten Aufeutern setzt ein.“ Das bedeutet, dass die Milchproduktion beginnt. Kurz vor der Geburt sucht sich die Kuh eine ruhige Ecke zum Kalben.
98 Prozent der Geburten auf dem Hof von Milchbauer Matthias gehen ohne Komplikationen vor sich. „Kühe sind meistens nach ein, zwei Stunden mit der Geburt durch“, weiß der Experte.
Selten muss Matthias Schulte-Althoff als Geburtshelfer assistieren, im Ausnahmefall kommt der Tierarzt zur Hilfe. Denn manchmal muss ein Kaiserschnitt durchgeführt werden, wenn das Kälbchen nicht auf natürlichem Weg zur Welt kommen kann. Zu den Komplikationen, die auftreten können, zählt zum Beispiel eine Fruchtblase, die nicht platzt, oder eine gerissene Nabelschnur.
Ist das Kälbchen dann auf der Welt, schleckt es die Mutterkuh ab. „Kälber können schon nach einer Stunde stehen und laufen.“ Einen Tag bleiben Mutter und Tierkind zusammen. Das Kleine wird in dieser Zeit dann mit reichlich Milch der Mutterkuh versorgt.
Anfänglich bekommt jedes Tierkind eine eigene Box
Danach findet das Fellkind ein neues Zuhause auf der Kinderstation des Hofes. Dort wohnen derzeit auch Lina und Lena. Anfänglich bekommt jedes Kälbchen eine eigene Box.
„Später sind sie zu zweit untergebracht“, erklärt der 35-jährige Landwirt weiter. Die ersten Tage sind durch fressen, trinken, im Stroh liegen oder stehen geprägt.
„Mir ist es wichtig, dass es allen Tieren auf meinem Hof gut geht“, sagt er. Seine Milchkühe nennt Milchbauer Matthias Schulte-Althoff liebevoll „seine Mitarbeiterinnen“.
Wenn der Milchbauer in den Stall kommt, möchten die tierischen Damen von ihm gestreichelt werden und schlecken gerne seine Hände ab. Manch ein Kälbchen schnappt auch nach seinem Oberteil. „Die haben ganz schön Kraft. Mir hat auch schon ein Kalb mal das T-Shirt zerrissen.“
Es herrscht Aufregung: Kühe sind Fluchttiere
Nur wenn er zu ihnen in den Stall geht, brauchen die vierbeinigen Wesen einige Minuten, um mit der veränderten Situation zurecht zu kommen. Kein Wunder: Kühe sind Fluchttiere.
Alle Kühe haben einen Namen. Und die hofinterne Namensverteilung folgt einem speziellen Prinzip: „Der Name des Kälbchens beginnt mit dem ersten Buchstaben des Namens der Mutter“, verrät Matthias Schulte-Althoff. So stammt die kleine, hübsche Babsi mit dem weiß-braunen Fell, die im Stall neben der Kinderstation ihr Zuhause gefunden hat, von Kuhmama Barbara ab. Auch dieses Kälbchen ist völlig verrückt nach dem Milchbauern, schleckt seine Hand und den Arm ab und lässt sich ausgiebig streicheln.
Seine eigene Tochter liebt auch Kühe
Matthias Schulte-Althoff ist Vater eines kleinen Mädchens. Zum Alltag des Kindes gehören die vielen Tiere des Hofes. „Meine Tochter liebt die Kühe und Kälber.“
Der Hof ist ein richtiger Mehrgenerationenhaushalt mit Müttern, Omas, Töchtern, Tanten, Cousinen usw. „Elena ist unsere älteste Kuh“, weiß der Bauer, „sie ist schon 15 Jahre alt.“ Bei dem Hof handelt es sich überwiegend um einen Frauenbetrieb. Kleine männliche Kälbchen bleiben etwa vier Wochen an der Flaesheimer Straße, ehe es für sie zu einem anderen landwirtschaftlichen Betrieb geht. „Wir können sie nicht alle behalten“, macht Matthias Schulte-Althoff deutlich. „Früher haben wir noch selbst geschlachtet“, erinnert er sich zurück.
Wie sieht es bei Matthias Schulte-Althoff mit Fleischkonsum aus? Ist der Milchbauer vielleicht aus Liebe zu seinen geschätzten Mitarbeiterinnen Vegetarier? Nein. „Ich liebe das leckere Zwiebelfleisch, das meine Mutter zubereitet“, verrät der staatlich geprüfter Agrarbetriebswirt. Von Bianca Munker