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Was macht einen Erbvertrag aus?

Ein Testament können Erblasserinnen und Erblasser jederzeit ändern. Bei einem Erbvertrag hingegen ist das alles jedoch schwieriger. Was hierbei zu beachten ist.

Ein Erbvertrag ist verbindlicher als ein Testament. FOTO ANDREA WARNECKE/DPA

Ein Testament oder einen Erbvertrag? Eine Frage, vor der viele stehen, die ihr Erbe regeln wollen. Wichtig zu wissen: Zwischen diesen beiden letztwilligen Verfügungen bestehen erhebliche Unterschiede.

„Ein Testament kann jeder handschriftlich abfassen“, erläutert der Heidelberger Fachanwalt für Erbrecht, Jan Bittler. „Es ist mit Ort, Datum und Unterschrift rechtsgültig.“ Ein Erbvertrag hingegen ist formbedürftig. Anders gesagt: Er muss notariell beurkundet werden.

Auch ein Testament kann man notariell beurkunden lassen, ein Muss ist das aber nicht. Ehepaare haben die Möglichkeit, unter eigener Regie ein gemeinschaftliches Testament zu errichten. Dafür reicht es, wenn einer von beiden das gemeinschaftliche Testament eigenhändig verfasst, mit Orts- und Datumsangabe versieht und beide unterschreiben.

An einem Erbvertrag sind mindestens zwei Seiten beteiligt – die eine Seite, die etwas per Vertrag vererben möchte und die andere Seite, die bedacht wird. „Mit einem Erbvertrag entsteht zugunsten des oder der Bedachten eine Bindung“, sagt Paul Grötsch, Fachanwalt für Erbrecht in München. Einen Erbvertrag können beispielsweise zwei miteinander schließen, die ohne Trauschein zusammenleben. Oder etwa Geschwister untereinander.

In einem Erbvertrag können Erblasser auch Vermächtnisse oder Auflagen anordnen. Grötsch nennt ein Beispiel: Eine junge Frau möchte Kunstgeschichte studieren, ihr Vater ist dagegen. Er möchte, dass seine Tochter eines Tages sein Unternehmen übernimmt und leitet. Dafür müsste sie aber statt Kunstgeschichte BWL studieren.

Die Tochter willigt ein, möchte aber die Gewissheit, dass sie tatsächlich eines Tages das Unternehmen erbt und übernimmt – und nicht ihr Bruder. „Der Vater könnte nun also einen Erbvertrag aufsetzen und darin seine Tochter als Unternehmenserbin nennen, falls sie das BWL-Studium aufnimmt und abschließt“, erklärt Paul Grötsch.

Pflichtteilsverzicht kann vereinbart werden

Ein Erbvertrag ist auch in anderen Konstellationen denkbar. Zum Beispiel können darin Pflichtteilsverzichte vereinbart werden. Das heißt: Der Erblasser oder die Erblasserin legt mit dem Pflichtteilsberechtigten fest, dass dieser seinen Pflichtteilsanspruch im Erbfall nicht geltend macht.

Ein Beispiel: Ein kinderloses Ehepaar will ausschließen, dass im Fall des Todes eines Partners dessen Eltern ein Pflichtteil am Erbe geltend macht. Ein Verzicht geht zumeist damit einher, dass der Erblasser oder die Erblasserin dem Pflichtteilsberechtigten eine Abfindung zahlt. „Ein Pflichtteilsverzicht ist aber nur möglich, wenn der Pflichtteilsberechtigte das befürwortet“, sagt Bittler.

Generell kann ein Erbvertrag für Erblasserinnen und Erblasser selbst ein Risiko sein. „Und zwar wegen der Bindungswirkung“, erklärt Paul Grötsch. Sein eigenes Testament kann man jederzeit widerrufen, einen Erbvertrag aber nicht. Der Erblasser oder die Erblasserin sowie die anderen Beteiligten sind an einen Erbvertrag gebunden.

Erblasser können also nicht mehr abweichend ein Testament errichten, ihre Testierfreiheit ist stark eingeschränkt. „Will der Erblasser den Erbvertrag ändern, kann er oder sie das nicht einseitig tun, sondern braucht immer die Zustimmung der anderen Seiten“, sagt Grötsch.

Wer aber trotzdem einen Erbvertrag in Erwägung zieht, sollte sich ein vertragliches Rücktrittsrecht für bestimmte Fälle vorbehalten. Noch einmal das Beispiel der Tochter, die das Unternehmen ihres Vaters erben soll: Angenommen, die Tochter folgt dem Wunsch des Vaters und studiert BWL anstelle von Kunstgeschichte.

Nach einigen Semestern hängt sie das BWL-Studium an den Nagel, um doch Kunstgeschichte zu studieren. „Ihr steht das Unternehmen später nicht zu, wenn genau dieses Szenario im Erbvertrag als Grund für einen Rücktritt beschrieben ist“, sagt Anwalt Paul Grötsch.

Rücktritt notariell beurkunden

Ein Rücktrittsgrund kann etwa auch sein, wenn ein im Erbvertrag Bedachter die vereinbarten Leistungen nicht erbringt – zum Beispiel, er oder sie kommt der Pflege nicht mehr nach. Im Falle des Falles ist eine Rücktrittserklärung gegenüber dem Vertragspartner notariell zu beurkunden.

Aber Rücktritt ist nicht gleich Rücktritt. „Prinzipiell kann er, wenn es die entsprechende Klausel im Vertrag gibt, für den ganzen Erbvertrag erfolgen oder nur mit Blick auf einzelne vertragsmäßige Verfügungen“, erklärt Jan Bittler. dpa