Schicke Felgen, glänzender Lack, über 20 Gänge und eine üppige Ausstattung: Auf den ersten Blick sehen viele günstige Fahrräder aus Garten- oder Restpostenmärkten und Online-Shops hochwertig aus. Nicht selten aber entpuppen sie sich als Reinfall. Oder der schnelle Kauf wird zur Fehlinvestition, weil das Rad – mangels Beratung – schlicht nicht passt.„Speziell in Bau- und Supermärkten trifft man nur selten auf Fachpersonal, es findet also keine gute Beratung beim Fahrradkauf statt“, sagt Sebastian Böhm vom Fachmagazin „Aktiv Radfahren“. Die sei aber sehr wichtig. „Vor allem, wenn der Kunde bislang nur wenig Ahnung von Fahrrädern hat.“
Experten raten zum Fachhandel
Zudem müsse man damit rechnen, dass die Fahrräder aus dem Baumarkt oder von manchem Online-Shop nicht fahrbereit seien. Dann fehle die Endmontage. Auch in Sachen Qualität erhalten viele Baumarkt-Räder keine guten Noten. Experten raten daher zum Fachhandel.
„Das Qualitätsniveau bei Rädern aus dem Fachhandel ist insgesamt wirklich sehr hoch, da kann man praktisch keinen Unfug mehr kaufen“, sagt David Koßmann vom Pressedienst Fahrrad (pd-f). Dem Kauf vorausgehen jedoch sollte immer eine umfassende Beratung.
„Ein guter Händler fragt erst einmal, was dem Kunden wichtig ist und auch, in welchem Preissegment sich das neue Fahrrad bewegen soll“, so Böhm. Ein gutes City- Rad beispielsweise gebe es bereits ab rund 700 Euro. Es sei aber auch möglich, mehrere Tausend Euro für diesen Fahrrad-Typ auszugeben.
Hilfreich ist, sich vorab zu überlegen, wie das neue Rad eingesetzt werden soll. „Wer das Rad beispielsweise häufig zum Einkaufen nutzt, braucht möglicherweise einen anderen Gepäckträger“, sagt Koßmann. „Liegt der Fokus auf weiteren Strecken, kann ein sportlicherer Lenker sinnvoll sein.“ Diese Informationen würden dem Verkäufer helfen, die Auswahl einzuschränken.
Viele Gänge – gutes Rad?
Auch die Anzahl der Gänge bei einer Kettenschaltung beispielsweise ist kein Qualitätskriterium – ganz im Gegenteil. „Wer ein Fahrrad für die Stadt sucht, dem wird ein Fachhändler eher von einer Schaltung mit vielen Gängen abraten. Hier reichen acht Gänge völlig aus“, sagt Böhm. Eine Nabenschaltung sei bei einem Citybike zudem immer zu bevorzugen, weil sie einfach wartungsfreier sei.
„Wer bisher wenig geradelt ist, kennt die Unterschiede zwischen den verschiedenen Radtypen nicht, daher sollte das Probefahren das A und O beim Fahrradkauf sein“, rät Koßmann. Das fehlt beim Online- Kauf.
„Sicherlich gibt es inzwischen ganz gute Größen-Finder im Internet und auch Beratungstermine können online gebucht werden, allerdings ersetzt das alles nicht den echten Kontakt mit dem Fahrrad“, sagt Böhm. Zudem bleibe die Frage nach dem späteren Service offen.
„Ein Fahrrad sollte wenigstens einmal im Jahr gewartet werden. Wer sein Rad online oder auch im Baumarkt kauft, dem fehlt dieser Händler-Kontakt.“ Wer trotzdem nicht auf den Online-Kauf verzichten will, sollte prüfen, ob das Internetgeschäft eventuell Kooperationspartner im stationären Handel hat.
„Es gibt Direktversender, die für den Service mit niedergelassenen Händlern zusammenarbeiten. Andernfalls kann es auch durchaus passieren, dass das Fachgeschäft die Annahme des online gekauften Fahrrads ablehnt“, sagt René Filippek vom Allgemeinen Deutschen Fahrrad-Club (ADFC).
Empfehlen kann Koßmann den Fahrradkauf im Internet daher nur Profis, die dort auf der Suche nach einem ganz speziellen Rad möglicherweise mal ein Schnäppchen machen könnten. dpa