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„Wir waren ein Herz und eine Seele“

Ein goldener Schriftzug an der Hauswand erinnert an die bedeutungsvolle Geschichte des Hauses Aymanns. Hier war einst die Halterner Zeitung zu Hause. Schön war es damals, sagt Ursula Kelders.

Ursula Kelders, frühere stellvertretende Bürgermeisterin Halterns und Lehrerin am Joseph-König-Gymnasium, wohnt noch heute in ihrem Elternhaus an der Weseler Straße 32. Es war das ursprüngliche Verlagshaus der Halterner Zeitung. FOTO SCHRIEF

Der Vater von Ursula Kelders, Karl Aymanns, war über vier Jahrzehnte Verleger und Druckereibesitzer. Sein Vater übernahm einst die Halterner Zeitung/Lippe-Zeitung, die in einem der schönsten Häuser Halterns an der Weseler Straße 32 gedruckt und herausgegeben wurde. 1949 kam es zu einer partnerschaftlichen Zusammenarbeit mit den Ruhr Nachrichten. Bis 1979 waren hier Redaktion, Geschäftsstelle und Setzerei zu Hause, gedruckt wurde die Zeitung in Dortmund.Ursula Kelders ist inmitten von viel Papier, Druckerschwärze und Schreibmaschinen-Geklapper groß geworden. Sie genoss mit ihren drei Geschwistern das quirlige Leben im Haus, in dem Gäste ein- und ausgingen. „Wir waren eine große Familie“, schwärmt sie.

Das Zeitungsteam war ein Herz und eine Seele

Ob es die Sekretärinnen in der Geschäftsstelle Hilde Quinkenstein, Margret Fellermann oder Ursula Korf waren, Redakteur Heinrich Albers oder die Setzer in der Druckerei: „Wir waren ein Herz und eine Seele.“ Natürlich mussten alle auch damals unter Zeitdruck die wichtigsten Ereignisse des Tages in Haltern einfangen, Familien- und Geschäftsanzeigen aufnehmen, druckreife Manuskripte in Blei gießen (die Setzmaschine schaffte 6000 Buchstaben in einer Stunde). Aber dann wurde es nach getaner Arbeit, so Ursula Kelders, auch oft sehr gemütlich. „Das Miteinander war einfach schön.“

Einmal im Jahr unternahmen alle einen Betriebsausf lug, besonderer Höhepunkt war ferner der Besuch einer Fachmesse in Düsseldorf, der Drupa. Das Zeitungsteam lud sich außerdem gegenseitig zu privaten Ereignissen ein.

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Das Team der Halterner Zeitung aus der Redaktion, Geschäftsstelle und Druckerei traf sich auch gern privat zu Feiern und Unternehmungen. FOTOS (4) HALTERNER ZEITUNG / ARCHIV
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Das ehemalige Verlagsgebäude der Halterner Zeitung gehört zu den Motiven im neuen Klara-Kalender.

Ursula Kelders hat die Betriebsamkeit des Zeitungsgeschäfts sehr interessiert. „Abends habe ich gern geschaut, wie die Zeitung für den Druck fertig gemacht wurde“, erzählt sie. Interessant fand sie zudem besondere Besucher wie Karl-Heinz Kramer, den international bekannten Tierfilmer aus Haltern. „Er kam immer in einem schwarzen Ledermantel“, erinnert sie sich. Auch die Chefredaktion aus Dortmund sowie der Verleger Florian Lensing-Wolff hätten gern die Gastfreundschaft von Familie Aymanns genossen.

Ursula Kelders erinnert sich sogar noch an die Zeit, als Pferde-Gespanne vom Sprengstoffwerk Wasag mit Papier an der Weseler Straße vorfuhren. Denn das Unternehmen ließ hier die Etiketten für die Sprengstoff-Verpackungen drucken.

Kirchennah und zerstritten mit der Politik

Die Redaktion verantwortete damals Heinrich Albers, ihm folgte Franz Eck. In einer kleinen Stube, inmitten von Zeitungstürmen und abgelegten Manuskripten, tippten sie in die Tasten ihrer Schreibmaschinen, was der Tag in Haltern so hergab. Später kam Robert Roth dazu und auch Fotograf Bruno Lücke scheute sich nicht, abseits seiner eigentlichen Aufgabe in die Seitenproduktion einzugreifen.

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Verleger Florian Lensing-Wolff (2.v.l.) verabschiedet Heinrich Albers in den Ruhestand. Rechts im Bild Frau Albers und Josefine Aymanns, die Mutter von Ursula Kelders.
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So gemütlich sah es in der Geschäftsstelle der Zeitung aus.

Unter Zeiten von Heinrich Albers sei die Halterner Zeitung sehr kirchennah gewesen, der Pastor habe stets ein Auge auf die Ausgabe gehalten, so Ursula Kelders. Mit Franz Eck erweiterte sich die Blickrichtung, was anfangs für gehörigen Ärger innerhalb einer ohnehin zerstrittenen Kommunalpolitik sorgte. „Es war einfach immer spannend“, sagt Ursula Kelders.

Sie ist bis heute eine Freundin der traditionell gedruckten Zeitung. Für sie als Zeitungsleserin ist das ein Zwiegespräch aus Optik, Haptik und Ritual. Und natürlich bekennt sie sich damit zu ihrer besonderen Familiengeschichte. Elisabeth Schrief